Fliegerische Heimat: Verein contra Flugschule

Nein, ich bin im weitesten Sinne kein typischer „Vereinsmeier“, ich bin nur ein leidenschaftlicher Pilot der gerne unter Gleichgesinnten ist.  Vergleichen wir den für die gewerbliche Flugschule optimalen Chartervorgang  mit dem typischen Chartervorgang eines Vereinspiloten.

Bei einer Flugschule gehe ich ins Online-Reservierungssystem, such mir eine Maschine raus, buche eventuell einen Fluglehrer dazu.
Ich fahre an den Platz, finde mich zur vereinbarten Uhrzeit am Flugzeug ein, ein beliebiger aber sehr junger, gutaussehender Fluglehrer empfängt mich freundlich lächelnd.
Ein bisschen Smalltalk, vor dem Flug am besten bei der Vorflugkontrolle, nicht zu viel, denn der Fluglehrer wird erst dann bezahlt wenn die Maschine abgehoben hat.
Dann die notwendigen Übungen während des Fluges, jetzt aber schnell zurück, der nächste Charterkunde wartet schon, Abschlusslandung, Händeschütteln und Tschüss.
Der Fluglehrer ist schon wieder auf dem Sprung, denn hat schon den nächsten Kunden der in einer anderen Maschine die Luft gebracht werden will.
Fluglehrer und Flugzeuge verdienen eben nur dann Geld für die Flugschule, wenn sie in der Luft sind, also werden die Bodenzeiten, das Briefing, das Debriefing auf ein Minimum reduziert.
Also mach ich noch alleine die Papiere und fahr nach Hause.
Minimaler Zeitaufwand also auch für mich eine totale Optimierung meiner Freizeit.
Am Abend ein Anruf aus der Flugschule, der Pilot nach mir hätte am rechten Randbogen einen leichten Schaden festgestellt, nachdem ich der letzte Pilot auf der Maschine war und ich nichts im Bordbuch vermerkt hätte, müsste ich jetzt für den Schaden aufkommen.
Meine Einwände ich hätte die Maschine doch auf dem Vorfeld übernommen und wieder abgegeben und ich hätte gar keine Möglichkeit gehabt den Randbogen zu beschädigen, werden mit dem Hinweis auf die Charterordnung in denen die Pflichten des Piloten ganz klar geregelt sind abgeschmettert.
Sicherlich ist das sehr überspitzt formuliert, aber es soll ja auch den optimalen Chartervorgang an einer gewerblichen Flugschule wiederspiegeln.
Ich habe es jedoch genau so erlebt, nicht immer, aber ein- zweimal durchaus. Bis auf die Begebenheit mit dem Randbogen, das hat mir jemand berichtet.

In einem Verein gehe ich ins Online-Reservierungssystem und schau mal ob Maschinen frei sind.
Falls ich aus irgendeinem Grund einen Fluglehrer benötige, schnapp ich mir das Telefon und frage die Fluglehrer die ich schon jahrelang kenne,  ob denn einer Zeit und Lust hätte mit mir zu fliegen. Die erste Möglichkeit für einen kleinen Smalltalk und ein bisschen Tratsch. Ich wäre doch früher so viel geflogen, werde ich gefragt, und warum ich denn jetzt über die 90 Tage rausgekommen bin. Sorry ich hatte Stress in der Arbeit, keine Kohle oder bin beim Segeln gewesen. Übereinstimmend stellen wir fest, dass es unseren Frauen nach wie vor gut geht und wir beide am Samstagnachmittag Zeit zum Fliegen haben.
Ich fahre am Samstag ein wenig früher zum Flugplatz um mit dem Flugleiter und/oder den anwesenden Mitgliedern zu ratschen. Großes Hallo, lange nicht gesehen, wie geht’s wie steht‘s, was macht die Liebe und das Leben, was gibt‘s neues im Verein?
Mein Fluglehrer ist auch schon da! Obwohl wir erst in einer halben Stunde verabredet sind, sehr komisch.

Also fahren wir irgendwann, wenn alles besprochen ist gemütlich zur Maschine, machen eine ausführliche Vorflugkontrolle, mein Fluglehrer verabsäumt es auch nach über 23 Jahren und mehreren hundert Flugstunden nicht, alles nochmal eingehend zu prüfen, was ich bereits geprüft habe und es kann losgehen.
Dann die notwendigen Übungen während des Fluges, eventuell ein bisschen mehr, der Fluglehrer arbeitet ja mehr oder weniger ehrenamtlich, also kommt es auf ein zwei oder 15 Minuten nicht wirklich an, ich komme mir auch nicht wie eine Nummer vor.
Irgendwann landen wir, wir putzen die Maschine, damit der nächste Pilot ein sauberes Flugzeug vorfindet und fahren wieder ins Vereinsheim.
Dort noch ein ausführliches Debriefing und wir machen noch gemeinsam die Dokumente fertig.

Inzwischen sind andere Mitglieder eingetroffen, auch ein paar neue Gesichter die man noch nicht so gut kennt. Irgendwer stellt uns vor, wir beschnuppern uns, erzählen unsere Geschichten von der Fliegerei und ich biete mich gerne an bei Unklarheiten gerne zu zeigen wie hier im Verein was funktioniert, wer welche Funktion hat oder an wen man sich immer gerne wenden kann. Ich war hier selber man Greenhorn und der Einstieg in eine Gemeinschaft fällt manchmal gar nicht so leicht.

Danach sitze ich mit Anderen noch ein bisschen in der untergehenden Abendsonne.
neue und alte Mitglieder kommen und gehen, einige bleiben länger manche haben andere Verpflichtungen.
Viele setzten sich zumindest kurz zu uns an den großen Gartentisch inmitten der liebevoll angeordneten Blumenkübel, irgendwer nimmt irgendwann den Gartenschlauch und hält Ihn in die Kübel um die Pflanzen vor dem Verdursten zu bewahren. Viele fühlen sich irgendwie für diesen Verein verantwortlich. Dann wird der Grill angeworfen, ich fahre noch kurz einkaufen, hole meine Frau ab und wir fahren wieder zurück.
Die Runde wird langsam kleiner, wir sitzen noch bis die Sonne untergeht schieben den Grill rein, dann fahren wir nach Hause.
Ich bin an diesem Tag nur eine Stunde geflogen und war aber den ganzen Nachmittag bis in den Abend hinein unter guten Bekannten oder gar Freunden die ich zum Teil mehrere Jahrzehnte kenne.
Ein paar Tage später ruft mich unser Vorstand an, ob mir denn nicht aufgefallen wäre, dass die CK am rechten Randbogen eine kleine Beschädigung hätte. Nein, das ist mir nicht aufgefallen, sorry, ich sage ich hätte die Maschine auf dem Vorfeld übernommen und auch wieder abgestellt und ein Ringelpiez hätten wir bei der Landung auch nicht gemacht bemerke ich noch leicht lächelnd.
Na ja, sagt er, es ist sehr ärgerlich dass es wohl vom Verursacher übersehen wurde, aber wir sind schließlich ein Verein, sowas kann vorkommen, es sollte nur nicht zu oft passieren, schließlich sind die Flugzeuge unser Kapital.
Damit ist das Thema für uns beide erledigt.
Und das habe ich genau so erlebt, nicht manchmal sondern oft. Das mit dem Randbogen kam bis jetzt nur ein einziges Mal vor, aber es hat sich so ähnlich zugetragen.

Ich will nicht anders fliegen, ich will keine Nummer sein, ich will die Flugzeuge kennen die ich fliege und auch die Piloten die unsere Flugzeuge fliegen. Ich brauche die Gewissheit, dass es sich um gut ausgebildete und verantwortungsvolle Piloten handelt die die Grenzen unserer Flugzeuge respektieren. Mein Leben hängt davon ab.

Meine fliegerische Laufbahn als Privatpilot ist eng mit meinem Verein verbunden, ich habe auch schon fremdgechartert aber ich habe dabei nie diese Verbundenheit zum Fluggerät oder zu anderen Piloten gespürt.

 

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